Werte vs. Leistung? Warum der scheinbare Widerspruch gefährlich ist.
Ein Beitrag von Heike Bartels, just be GmbH
Werte oder Leistung? Warum diese Frage in die Irre führt
Die Diskussion ist nicht neu, aber aktueller denn je: In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, digitaler Transformation und gesellschaftlicher Polarisierung geraten Werte in Unternehmen oft unter Druck. Gerade dann, wenn Ökonomie, Geschwindigkeit und Effizienz über allem zu stehen scheinen.
Was bleibt, ist der Eindruck: Werte gelten als weich – Leistung als hart. Und: Wer handelt, muss durchgreifen. Nicht diskutieren.
Aber: Diese Denkmuster sind trügerisch. Und sie sind vor allem eines: gefährlich.
Was uns die Umfrage „Values for Future Mobility“ zeigt
Mit der pro bono initiierten Umfrage „Values for Future Mobility“ haben wir gemeinsam mit der CorpoRatio GmbH, mugs GmbH und dem CAI-Netzwerk hunderte Stimmen aus der Automobilbranche eingefangen. Das Ergebnis: Ernüchternd.
- Nur 6,3 % empfinden die Branche als durchweg menschenfreundlich
- Über 58 % erleben sie als weniger oder gar nicht menschenfreundlich
- Die größten kulturellen Defizite: Machtspiele, fehlende Wertschätzung, Silodenken und Angst
Besonders alarmierend: Diejenigen, die „brennen“ – für Innovation, für Wandel, für Sinn – werden oft verheizt. Burnout, Resignation und stille Kündigung sind kein Randphänomen mehr, sondern systemisch verankert.
Psychologisch verständlich. Strategisch fatal.
In Krisenzeiten greifen Menschen auf Ur-Programme zurück. Unter Stress und Unsicherheit dominieren Kontrollbedürfnis, Kurzfristdenken und Überregulierung. Vertrauen wird durch Kontrolle ersetzt, Mitgestaltung durch Anweisung.
Das ist menschlich. Aber: Es ist kein Führungsstil.
Denn die Folge ist nicht Stabilität, sondern das Gegenteil:
- Sinkendes Engagement
- Wachsende Distanz zur Unternehmensstrategie
- Verlust von Innovationskraft und Arbeitgeberattraktivität
Was die Forschung sagt:
Zahlreiche Studien belegen
- Unternehmen mit einer werteorientierten Unternehmenskultur erzielen überdurchschnittliche Ergebnisse (z. B. Harvard Business Review, Gallup, Deloitte Human Capital Trends)
- Psychologische Sicherheit ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Teamleistung (Google Aristotle-Projekt)
- Vertrauen fördert Produktivität, Resilienz und Mitarbeiterbindung (Edelman Trust Barometer, Zenger/Folkman)
Mit anderen Worten: Werte schaffen Leistung. Und nicht umgekehrt.
Wertschöpfung braucht Werte
Was heißt das konkret für Entscheider:innen?
- Führung bedeutet Haltung, nicht nur Zielerreichung
- Leistung entsteht in Kultur, nicht im KPI-Vakuum
- Transformation beginnt bei der inneren Klarheit, nicht bei der externen Kommunikation
Mein Fazit: Wer Werte verliert, verliert das Wesentliche.
Und das ist nicht die Performance. Es sind die Menschen.
Denn nur wer sich sicher, gesehen und beteiligt fühlt, wird über sich hinauswachsen. Wer dagegen glaubt, dass man in der Krise auf Menschlichkeit verzichten kann, verzichtet auf Zukunft.
Diskutieren Sie mit!
- Wo erleben Sie Werte als Leistungsbooster?
- Und wo sehen Sie echte Zielkonflikte?
Ich freue mich auf Ihre Perspektiven und Kommentare – auf LinkedIn, in Workshops oder in unserer nächsten Umfrage-Runde zu „Values for Future Mobility“.